V 12
Feetenbrinks Konzerthaus war ein Palast in der Hunnenstraße, einstöckig
wie die anderen Gebäude, aber eine lange Front, die abends erleuchtet
wurde wie gewöhnliche Häuser nur zu Kaiserw Geburtstag mit Siegerkranz
und Wonnegans und Kerzen in den Fenstern. Das Konzerthaus war der Stolz
und die Schande der Hunnenstraße, es gab eher ihr Glanz und Dunkelheit. Alle
beobachteten, wer zu Feetenbrink ging. Nicht nur alte Weiber hockten
hinter den Fensterspiegeln, diesen wie Periskope oder Polypenaugen auf
die Straße hinausgestreckten Spionen und registrierten was anfiel, spei-
cherten die Daten, jederzeit bereit, sie wieder auszuspucken, bleich ent-
rüstet, neidgrün verfärbt, frühe Elektronengehirne.
Die Gutsbesitzerwagen fahren vor, ich bewundere sie, ich streiche drur-
herum, offenen Mundes, Lack funkelt, Leder spiegelt, Schmiere salbt
brunnenschwarz die Nabe der Räder, es näßt es dampft es glänzt der
Pferde Fell, der Hausknecht präsentiert eine unsichtbare Standarte,
alter Königinkürassier, wenn er den Namen Pasewalk nennt oder hört,
die Stadt in der er diente, in der man ihn kleinkriegte, in der der stramme
weiße Hosen trug, sieht er wie der Trompeter von Thionville aus, wie
die Attacke von Mars-latTour, und ich denke an Pasewalker Sturzkuchen,
süß leicht und fettig wie eine schwere gezuckerte Luft, meine Mutter
schwärmt von ihnen, aus Pasewalk kommt nichts Böses, der Hausknecht
nimmt die Zügel die ihm gnädig zugeworfen werden, er weiß, was erfreut,
Herr Rittmeister Herr Hauptmann Herr Oberst Baron von und zu und auf
Klüttegrütt, der Gast, der Gast geehrt, ein breiter Rücken, ächzt
die drei Steinstufen hoch, füllt die Tür, rollt ins Haus, im Winter zot-
telt ein Pelz, schneenaß, wälderkalt, im Sommer spannt sich leichtes
Tuch über Schultern und Gesäß, Nanking, klemmt im Schritt, felddurch-
schwitzt und plump über die vollen Ackergängerschenkel, Zigarrenrauch
bleibt zurück, Wolke eines Kanonenschusses, der Knecht schirrt die Pferde
aus, reibt und deckt sie mit wollenem Tuch, faßt sie am Halfter, führt
die Geduldigen in den Stall, schüttet Wasser, spendet Häcksel und Hafer,
ich bin ihnen gefolgt, die schaumbeflockten Pferdemäuler malmen die
Spreu, es ist warm im Stall, es ist eine warme gute Welt, es riecht
nahrhaft nach frischem Brot, ich buhle um die Freundschaft der Pferde
Feetenbrinks Konzerthaus war ein Palast in der Hunnenstraße, einstöckig
wie die anderen Gebäude, aber eine lange Front, die abends erleuchtet
wurde wie gewöhnliche Häuser nur zu Kaiserw Geburtstag mit Siegerkranz
und Wonnegans und Kerzen in den Fenstern. Das Konzerthaus war der Stolz
und die Schande der Hunnenstraße, es gab eher ihr Glanz und Dunkelheit. Alle
beobachteten, wer zu Feetenbrink ging. Nicht nur alte Weiber hockten
hinter den Fensterspiegeln, diesen wie Periskope oder Polypenaugen auf
die Straße hinausgestreckten Spionen und registrierten was anfiel, spei-
cherten die Daten, jederzeit bereit, sie wieder auszuspucken, bleich ent-
rüstet, neidgrün verfärbt, frühe Elektronengehirne.
Die Gutsbesitzerwagen fahren vor, ich bewundere sie, ich streiche drur-
herum, offenen Mundes, Lack funkelt, Leder spiegelt, Schmiere salbt
brunnenschwarz die Nabe der Räder, es näßt es dampft es glänzt der
Pferde Fell, der Hausknecht präsentiert eine unsichtbare Standarte,
alter Königinkürassier, wenn er den Namen Pasewalk nennt oder hört,
die Stadt in der er diente, in der man ihn kleinkriegte, in der der stramme
weiße Hosen trug, sieht er wie der Trompeter von Thionville aus, wie
die Attacke von Mars-latTour, und ich denke an Pasewalker Sturzkuchen,
süß leicht und fettig wie eine schwere gezuckerte Luft, meine Mutter
schwärmt von ihnen, aus Pasewalk kommt nichts Böses, der Hausknecht
nimmt die Zügel die ihm gnädig zugeworfen werden, er weiß, was erfreut,
Herr Rittmeister Herr Hauptmann Herr Oberst Baron von und zu und auf
Klüttegrütt, der Gast, der Gast geehrt, ein breiter Rücken, ächzt
die drei Steinstufen hoch, füllt die Tür, rollt ins Haus, im Winter zot-
telt ein Pelz, schneenaß, wälderkalt, im Sommer spannt sich leichtes
Tuch über Schultern und Gesäß, Nanking, klemmt im Schritt, felddurch-
schwitzt und plump über die vollen Ackergängerschenkel, Zigarrenrauch
bleibt zurück, Wolke eines Kanonenschusses, der Knecht schirrt die Pferde
aus, reibt und deckt sie mit wollenem Tuch, faßt sie am Halfter, führt
die Geduldigen in den Stall, schüttet Wasser, spendet Häcksel und Hafer,
ich bin ihnen gefolgt, die schaumbeflockten Pferdemäuler malmen die
Spreu, es ist warm im Stall, es ist eine warme gute Welt, es riecht
nahrhaft nach frischem Brot, ich buhle um die Freundschaft der Pferde