3
brot mit der Holzzange aus der schuppenschillernden Lauge holt. Den
Schuster muß sie bitten, die durchgelaufenen Sohlen ihrer Schuhe noch-
einmal, ein letztes Mal zu richten. Der Schuster ist kein Mann, ge-
nau genommen ist er kein Mensch. er ist eine Funktion, er hat Schuhe
zu machen und zu flicken, weiol die Gesellschaft, diese dakrosante
Institution, zu der Maria nicht gehört, zu der sie sich aber zählt,
ihre Füße bekleidet. Des Schusters Hand ist geschickt, aber sie gilz
nichts. Schließt er die Werkstaat, tritt er zurück in die Gesichts-
losigkeit der Gemeine. Vor der in Drillich gekleideten Mannschaft af auf
dem Exerzierplatz, vor dem roten Klinkerbau der Kaserne steht der
Lautnant. Ihh grüßt selbst der Borusse mit dem weissen Stürmer zu-
erst. Maria ist gutmütig. Sie hätte den Schuster als Bettler be-
mitleidet, wäre er wegen Mietschulden aus seiner Werkstatt oder
seiner Wohnung geworfen worden, hätte sie sein Unglück gerührt, wie
ihr eigenes, ihrer Mutter trauriges Los sie immer wieder zu Tränen
rührte. Maria ist gutmütig, aber der Schuhmacher als Stand, als
Handwerker ist ein unmöglicher Mensch. Da Maria arm ist, verehrt
sie den Besitz. Da sie sich dekall deklassiert fühlt, bewundert sie
um so mehr die herrschende Klasse. Der Arme hat an Brot zu denken.
Der Reiche beschäftigt sich mit Blumen. Maria hat keine Ahnung, wie
Besitz erworben wird. Sie versucht sich mit verbundenen Augen (die
Binde der Torheit liegt über ihnen) in dem Balanceakt, ohne Geld
und ohne soziale Stellung eine junge Dame zu sein. Wer arbeitet,
Dienste leistet, einem Erwerb nachgeht, ist aus der Damenwelt aus-
gestoßen, und so lebtn Maria und ihre Mutter vom Zimmervermieten an
Studenten und manchmal auch an einen Dozenten. So ist sie zu Bismarck
gekommen, der einem Herrn gehört, der die venia legendi der Augen-
heilkinde besitzt und wenn das Wetter schön ist, in einen Frei Ballon
steigt, um über der Stadt zu schweben. Wie schön ist diese hohe
Stunde des Tages auf der Langen Straße, im von der Seeluft verklär-
ten Licht des Sommers oder dem weihnachtlichen Gasglühlichtschein
der Schuufenster und Laternen.
(Akzent)
neue S [unleserlich]
brot mit der Holzzange aus der schuppenschillernden Lauge holt. Den
Schuster muß sie bitten, die durchgelaufenen Sohlen ihrer Schuhe noch-
einmal, ein letztes Mal zu richten. Der Schuster ist kein Mann, ge-
nau genommen ist er kein Mensch. er ist eine Funktion, er hat Schuhe
zu machen und zu flicken, weiol die Gesellschaft, diese dakrosante
Institution, zu der Maria nicht gehört, zu der sie sich aber zählt,
ihre Füße bekleidet. Des Schusters Hand ist geschickt, aber sie gilz
nichts. Schließt er die Werkstaat, tritt er zurück in die Gesichts-
losigkeit der Gemeine. Vor der in Drillich gekleideten Mannschaft af auf
dem Exerzierplatz, vor dem roten Klinkerbau der Kaserne steht der
Lautnant. Ihh grüßt selbst der Borusse mit dem weissen Stürmer zu-
erst. Maria ist gutmütig. Sie hätte den Schuster als Bettler be-
mitleidet, wäre er wegen Mietschulden aus seiner Werkstatt oder
seiner Wohnung geworfen worden, hätte sie sein Unglück gerührt, wie
ihr eigenes, ihrer Mutter trauriges Los sie immer wieder zu Tränen
rührte. Maria ist gutmütig, aber der Schuhmacher als Stand, als
Handwerker ist ein unmöglicher Mensch. Da Maria arm ist, verehrt
sie den Besitz. Da sie sich dekall deklassiert fühlt, bewundert sie
um so mehr die herrschende Klasse. Der Arme hat an Brot zu denken.
Der Reiche beschäftigt sich mit Blumen. Maria hat keine Ahnung, wie
Besitz erworben wird. Sie versucht sich mit verbundenen Augen (die
Binde der Torheit liegt über ihnen) in dem Balanceakt, ohne Geld
und ohne soziale Stellung eine junge Dame zu sein. Wer arbeitet,
Dienste leistet, einem Erwerb nachgeht, ist aus der Damenwelt aus-
gestoßen, und so lebtn Maria und ihre Mutter vom Zimmervermieten an
Studenten und manchmal auch an einen Dozenten. So ist sie zu Bismarck
gekommen, der einem Herrn gehört, der die venia legendi der Augen-
heilkinde besitzt und wenn das Wetter schön ist, in einen Frei Ballon
steigt, um über der Stadt zu schweben. Wie schön ist diese hohe
Stunde des Tages auf der Langen Straße, im von der Seeluft verklär-
ten Licht des Sommers oder dem weihnachtlichen Gasglühlichtschein
der Schuufenster und Laternen.
(Akzent)
neue S [unleserlich]