MID355-M020-097
Wolfgang Koeppen: „Eine Jugend“, Regie: Dr. Reinhard Wittmann, Abspieldauer (1): 28'30; Archivnummer BR: HF/27108 – Abspieldauer (2): 27'15; Archivnummer BR: HF/27108 (1976), Bayerischer Rundfunk 1976.
jh - 10 -
Lianenwald, die Nacht wetterleuchtet, das Schwein grunzt in der
Witwe kleinem Stall, trüffelt den nassen Soubrettenleib, Quell
unter feuchtem Moos, Moder wie in einer Grabkammer, das Stichwort
nicht vernommen, leichenweißes gepudertes Gesicht, Rinnsale von
Hitze und Angst, kein Begreifen, natürlich nicht, woher begreifen?
der Regisseur schimpft nicht mit den Sängern, Kollegen setzen sich
zum Skat, der dritte Mann gibt, die Kiebitze glotzen, wissen es
besser, lustvoll ein Korn genommen und noch ein Bier, was sind
das für Männer in ihren Hosen, sind auch Soldaten gewesen, mit
Auszeichnung gedient, im Baltikum, nein beim Fronttheater, der
Regisseur schimpft zu meiner Mutter hinunter, wer arm ist, sitzt
unten, er wird erhoben werden, sagt Pastor Büttentien, Hofprediger
zu Putbus, der Regisseur hüpft in die Luft, wahrlich, Gott ergreift
ihn, er macht nun den Buffo, hopst umher, Schwenkebauch, nun alle,
untergefaßt, Arm in Arm, das Universum noch einmal in die Schranken
gefordert, und das Bein hoch, rot in die Fußrampe getreten,
Heiligenscheine aus den Soffitten. Wirbel des Finale, die Liebe
die Liebe ist eine Himmelsmacht.
Ich schrieb, sie fürchtete die Schlangen. Sie sah sie im brackigen
Grund, wenn wir am Meer entlang zum alten Gut gingen. Gras krankte
in salziger Lauge. Das Rad der Saline stand still. Aus der
Abdeckerei faulte Verwesung. Ich haßte die Stadt hinter den Wiesen,
die berühmte Silhouette, die der Maler gemalt hatte. Ich sah sie
von Ottern gefressen. Aber wird man mich verstehen? Ich darf nicht
zugeben, daß es gleichgültig wäre, ob mich keiner versteht oder
einer, der natürlich wichtig würde und meine Bemühung nicht ganz
vergeblich sein ließe, wenn ich auch selber nicht weiß, ob ich
etwas verstanden habe oder überhaupt etwas zu verstehen war. - - -
Lianenwald, die Nacht wetterleuchtet, das Schwein grunzt in der
Witwe kleinem Stall, trüffelt den nassen Soubrettenleib, Quell
unter feuchtem Moos, Moder wie in einer Grabkammer, das Stichwort
nicht vernommen, leichenweißes gepudertes Gesicht, Rinnsale von
Hitze und Angst, kein Begreifen, natürlich nicht, woher begreifen?
der Regisseur schimpft nicht mit den Sängern, Kollegen setzen sich
zum Skat, der dritte Mann gibt, die Kiebitze glotzen, wissen es
besser, lustvoll ein Korn genommen und noch ein Bier, was sind
das für Männer in ihren Hosen, sind auch Soldaten gewesen, mit
Auszeichnung gedient, im Baltikum, nein beim Fronttheater, der
Regisseur schimpft zu meiner Mutter hinunter, wer arm ist, sitzt
unten, er wird erhoben werden, sagt Pastor Büttentien, Hofprediger
zu Putbus, der Regisseur hüpft in die Luft, wahrlich, Gott ergreift
ihn, er macht nun den Buffo, hopst umher, Schwenkebauch, nun alle,
untergefaßt, Arm in Arm, das Universum noch einmal in die Schranken
gefordert, und das Bein hoch, rot in die Fußrampe getreten,
Heiligenscheine aus den Soffitten. Wirbel des Finale, die Liebe
die Liebe ist eine Himmelsmacht.
Ich schrieb, sie fürchtete die Schlangen. Sie sah sie im brackigen
Grund, wenn wir am Meer entlang zum alten Gut gingen. Gras krankte
in salziger Lauge. Das Rad der Saline stand still. Aus der
Abdeckerei faulte Verwesung. Ich haßte die Stadt hinter den Wiesen,
die berühmte Silhouette, die der Maler gemalt hatte. Ich sah sie
von Ottern gefressen. Aber wird man mich verstehen? Ich darf nicht
zugeben, daß es gleichgültig wäre, ob mich keiner versteht oder
einer, der natürlich wichtig würde und meine Bemühung nicht ganz
vergeblich sein ließe, wenn ich auch selber nicht weiß, ob ich
etwas verstanden habe oder überhaupt etwas zu verstehen war. - - -