leeren goldenen Tellern saß und auf die Schüsse lauschte,
auf die Explosionen der Handgranaten vor seinem Haus, in seinem
Park, bei seinen Rehen, die er liebte und nicht schlachten wollte,
und vielleicht geschah dies alles während der Fürst starb. Die
Wege des Parkes sind sorgsam mit Sand bestreut, der von den
Wellen angespült, von der Ostsee hergekarrt wurde und hier sehr
ordentlich aussieht. Der Sand ist weiß, feinkörnig, meergewaschen,
manchmal knirscht eine zertretene Muschel, unter dem Fuss und immer ist ein alter
Mann beschäftigt, der dem Fürsten ähnlich sieht und vielleicht
sein Bruder ist, die Pfade zu harken. Wenigstens in der Saison.
Meine Mutter sitzt im Park auf einer Bank, die der Schloßverwaltung
oder dem Kurverein gehört. Meine Mutter schreibt. Sie schreibt
keine Ansichtspostkarte, sie transportiert nicht das Schloß des
Fürsten von Putbus nach Hause oder in die weite Welt. Keine Grüße
aus der Sommerfrische. Auf ihren Knieen ruht ein abgegriffener
Band, eine Sammlung von Fingerabdrücken, von Erinnerungen an
unachtsam verschlungene Mahlzeiten, Brandflecken verpaffter
Zigaretten, der Klavierauszug einer lustigen Operette, und auf
dem schäbigen alten Klavierauszug liegt ein Bogen gelblichen
Kanzleipapiers, den meine Mutter irgendwo gefunden oder mitge-
nommen hat, und sie schreibt mir: verhungere, wenn du verhungern
willst, wenn es deine Bosheit ist, mir dies anzutun, ich kann dir
nicht helfen, wenn du dir nicht hilfst, ( und sie entschließt sich
zu schreiben, ) hilf dir selbst, dann hilft dir Gott, und sie
blickt zum Himmel rauf und weiß, daß dies ein Gestöhn der Hilf-
losigkeit ist oder, von anderer Hand gesetzt, nicht der ihren aus anderem Mund nicht ihrem Mund
gesprochen, der Hauch das Wort der Kälte. Auf den Parkwegen promenieren
die Kurgäste, weil sie dazu hergekommen sind. Die Röcke der Frauen
sind nun kurz, sie enden gleich unter dem Knie, das ist neu, man
findet es unerhöhrt, eine Errungenschaft des Verfalls, ein Zeichen
für das Weltende, und die alte Fürstin von Putbus macht die Mode
nicht mit, ihre Röcke, Unterrock und Oberrock, fegen noch immer
den Sand, hinterlassen eine deutliche Spur ihres Vorüberschreitens
wie einst in Potsdam im Ehrendienst der Kaiserin oder am Hof der
Zarin, sie ist tot, von einem Strudel verschlungen, einem Ungeheuer
gefressen, und die Männer zeigten noch Würde, trugen sie erhobenen
Hauptes, hoch behütet, kragensteif, über dem Bauch goldgekettet
und alles Unaussprechliche unter Schwalbenschwänzen und anderen
Rockschößen wie in einen Sack gesteckt, so schritten sie aufrecht
auf ihre Zukunft zu, die unglaublich fern, nur Propheten erkennbar,
in einem stolzen blendenden Licht das Grab verbarg, die großen
auf die Explosionen der Handgranaten vor seinem Haus, in seinem
Park, bei seinen Rehen, die er liebte und nicht schlachten wollte,
und vielleicht geschah dies alles während der Fürst starb. Die
Wege des Parkes sind sorgsam mit Sand bestreut, der von den
Wellen angespült, von der Ostsee hergekarrt wurde und hier sehr
ordentlich aussieht. Der Sand ist weiß, feinkörnig, meergewaschen,
manchmal knirscht eine zertretene Muschel, unter dem Fuss und immer ist ein alter
Mann beschäftigt, der dem Fürsten ähnlich sieht und vielleicht
sein Bruder ist, die Pfade zu harken. Wenigstens in der Saison.
Meine Mutter sitzt im Park auf einer Bank, die der Schloßverwaltung
oder dem Kurverein gehört. Meine Mutter schreibt. Sie schreibt
keine Ansichtspostkarte, sie transportiert nicht das Schloß des
Fürsten von Putbus nach Hause oder in die weite Welt. Keine Grüße
aus der Sommerfrische. Auf ihren Knieen ruht ein abgegriffener
Band, eine Sammlung von Fingerabdrücken, von Erinnerungen an
unachtsam verschlungene Mahlzeiten, Brandflecken verpaffter
Zigaretten, der Klavierauszug einer lustigen Operette, und auf
dem schäbigen alten Klavierauszug liegt ein Bogen gelblichen
Kanzleipapiers, den meine Mutter irgendwo gefunden oder mitge-
nommen hat, und sie schreibt mir: verhungere, wenn du verhungern
willst, wenn es deine Bosheit ist, mir dies anzutun, ich kann dir
nicht helfen, wenn du dir nicht hilfst, ( und sie entschließt sich
zu schreiben, ) hilf dir selbst, dann hilft dir Gott, und sie
blickt zum Himmel rauf und weiß, daß dies ein Gestöhn der Hilf-
losigkeit ist oder, von anderer Hand gesetzt, nicht der ihren aus anderem Mund nicht ihrem Mund
gesprochen, der Hauch das Wort der Kälte. Auf den Parkwegen promenieren
die Kurgäste, weil sie dazu hergekommen sind. Die Röcke der Frauen
sind nun kurz, sie enden gleich unter dem Knie, das ist neu, man
findet es unerhöhrt, eine Errungenschaft des Verfalls, ein Zeichen
für das Weltende, und die alte Fürstin von Putbus macht die Mode
nicht mit, ihre Röcke, Unterrock und Oberrock, fegen noch immer
den Sand, hinterlassen eine deutliche Spur ihres Vorüberschreitens
wie einst in Potsdam im Ehrendienst der Kaiserin oder am Hof der
Zarin, sie ist tot, von einem Strudel verschlungen, einem Ungeheuer
gefressen, und die Männer zeigten noch Würde, trugen sie erhobenen
Hauptes, hoch behütet, kragensteif, über dem Bauch goldgekettet
und alles Unaussprechliche unter Schwalbenschwänzen und anderen
Rockschößen wie in einen Sack gesteckt, so schritten sie aufrecht
auf ihre Zukunft zu, die unglaublich fern, nur Propheten erkennbar,
in einem stolzen blendenden Licht das Grab verbarg, die großen