18.3.1963
ihn auf den regennassen Rasen geworfen hat, - sie
liebten also über alles die Natur. In den weiten Lich-
tungen sollten Rehe weiden. Rehe weideten auch dort,
kamen zutraulich heran, liessen sich füttern mit
schimmlig gewordenen Brot und im Herbst mit Kastanien,
die Rehe schnupperten, prusteten mit feuchten Lippen
über die sie fütternde Hand, doch man sieht meine Rehe
mehr, die Rehe sind verschwunden, gestohlen, geplün-
dert, geschlachtet, vielleicht hat der Fürst sie ge-
gessen, während die Standarte seiner Hoheit und seiner
Anwesenheit auf dem Dach seines Schlosses wehte, oder
andere haben sich an dem Rehfleisch gütlich getan,
während der Fürst starb. Die Wege des Parkes sind sorg-
sam mit Sand bestreut, der von den Wellen angespült,
von der Ostsee hergekarrt wurde und hier gut aussieht.
Der Sand ist weiss, feinkörnig, meergewaschen, manch-
mal knirscht eine zerstretene Muschel, und jeden Mor-
gen sind alle Pfade geharkt. Wenigstens in der Saison.
Meine Mutter sitzt im Park auf einer Bank, die der Schlossver-
waltung oder dem Verschönerungs-Kurverein oder der Gemeinde Putbus
gehört. Meine Mutter schreibt. Sie schreibt keine An-
sichtspostkarte, sie tranportiert nicht das Schloss
des Fürsten von Putbus nach Hause oder in die weite
Welt. Keine Grüsse aus der Sommerfrische, Auf ihren
Knien ruht ein abgegriffener Band, eine Sammlung von
Fingerabdrücken, von Erinnerungen an verschlungene
Mahlzeiten, Brandflecken verpaffter Zigaretten, der
ihn auf den regennassen Rasen geworfen hat, - sie
liebten also über alles die Natur. In den weiten Lich-
tungen sollten Rehe weiden. Rehe weideten auch dort,
kamen zutraulich heran, liessen sich füttern mit
schimmlig gewordenen Brot und im Herbst mit Kastanien,
die Rehe schnupperten, prusteten mit feuchten Lippen
über die sie fütternde Hand, doch man sieht meine Rehe
mehr, die Rehe sind verschwunden, gestohlen, geplün-
dert, geschlachtet, vielleicht hat der Fürst sie ge-
gessen, während die Standarte seiner Hoheit und seiner
Anwesenheit auf dem Dach seines Schlosses wehte, oder
andere haben sich an dem Rehfleisch gütlich getan,
während der Fürst starb. Die Wege des Parkes sind sorg-
sam mit Sand bestreut, der von den Wellen angespült,
von der Ostsee hergekarrt wurde und hier gut aussieht.
Der Sand ist weiss, feinkörnig, meergewaschen, manch-
mal knirscht eine zerstretene Muschel, und jeden Mor-
gen sind alle Pfade geharkt. Wenigstens in der Saison.
Meine Mutter sitzt im Park auf einer Bank, die der Schlossver-
waltung oder dem Verschönerungs-Kurverein oder der Gemeinde Putbus
gehört. Meine Mutter schreibt. Sie schreibt keine An-
sichtspostkarte, sie tranportiert nicht das Schloss
des Fürsten von Putbus nach Hause oder in die weite
Welt. Keine Grüsse aus der Sommerfrische, Auf ihren
Knien ruht ein abgegriffener Band, eine Sammlung von
Fingerabdrücken, von Erinnerungen an verschlungene
Mahlzeiten, Brandflecken verpaffter Zigaretten, der