BR-HF-27108-Teil1-Seite06
Wolfgang Koeppen: „Eine Jugend“, Regie: Dr. Reinhard Wittmann, Abspieldauer (1): 28'30; Archivnummer BR: HF/27108 – Abspieldauer (2): 27'15; Archivnummer BR: HF/27108 (1976), Bayerischer Rundfunk 1976.
IS - 6 -
Schmerz tränkt die Haut, tränkt meine Haut, dringt tief in mein
Fleisch, reißt es, daß es klafft, die Wunde bloßliegt, wie Feuer
brennt und wie Brennessel prickelt, der wehe Dunst der
Desinfektion weht durch die Straße, es berauscht mich der helle
jenseitige Geruch der alten Anatomie, ein Regenbogen geht vor mir
auf grün rot blau gelb spektral, sein Scheitel steht über der
Universität, verklärt das Denkmal des Gründers, versinkt in den
Kneipen, ich sehe auf den schönen Regenbogen hinunter und blicke
zu ihm auf, hoch aus der spitzen Mansarde, klein aus dem kotigen
Rinnstein, und das Volk gibt es auch, meine Mutter sagt es,
Fischweiber die ihren Karren schieben, Hurnfisch, Hurnfisch,
feuchte Hexen in schwarzen Umschlagtüchern, die dreifleckige
Katze frißt die grünen Gräten, leckt sich das Maul, eine rosige
Zunge, frische Flunnern, rotbraune glitschigglatte bäumen sich
gegen das Schicksal, Ungeheuer vom Meeresgrund in Kisten zur
Schau gestellt, Harings, Harings, glasig zerläuft das weiße
Schmalz in der krustigen Pfanne, sticht in die Nase, schwebt über
der Straße, Mittagsgeruch, Dankopfer, komm Herr Jesus, der Herr
Pastor kommt, spricht Bibelsprüche, Vögel und Lilien auf dem
Felde, Jesus und der Herr Pastor vergeben auch den Sündern, die
anderen sind anders, Leute die eine Stellung ein Gewerbe ein
Handwerk eine Arbeit haben, schließlich die Tagelöhner, Leute die
nichts gelten und Lasten tragen und Schmutz wegräumen, dann die
Bürger, sie stellen schon etwas vor, meine Mutter sagt es, ich
ziehe ergeben meine Mütze, schwenke seiner Majestät Schiff, - - -
Schmerz tränkt die Haut, tränkt meine Haut, dringt tief in mein
Fleisch, reißt es, daß es klafft, die Wunde bloßliegt, wie Feuer
brennt und wie Brennessel prickelt, der wehe Dunst der
Desinfektion weht durch die Straße, es berauscht mich der helle
jenseitige Geruch der alten Anatomie, ein Regenbogen geht vor mir
auf grün rot blau gelb spektral, sein Scheitel steht über der
Universität, verklärt das Denkmal des Gründers, versinkt in den
Kneipen, ich sehe auf den schönen Regenbogen hinunter und blicke
zu ihm auf, hoch aus der spitzen Mansarde, klein aus dem kotigen
Rinnstein, und das Volk gibt es auch, meine Mutter sagt es,
Fischweiber die ihren Karren schieben, Hurnfisch, Hurnfisch,
feuchte Hexen in schwarzen Umschlagtüchern, die dreifleckige
Katze frißt die grünen Gräten, leckt sich das Maul, eine rosige
Zunge, frische Flunnern, rotbraune glitschigglatte bäumen sich
gegen das Schicksal, Ungeheuer vom Meeresgrund in Kisten zur
Schau gestellt, Harings, Harings, glasig zerläuft das weiße
Schmalz in der krustigen Pfanne, sticht in die Nase, schwebt über
der Straße, Mittagsgeruch, Dankopfer, komm Herr Jesus, der Herr
Pastor kommt, spricht Bibelsprüche, Vögel und Lilien auf dem
Felde, Jesus und der Herr Pastor vergeben auch den Sündern, die
anderen sind anders, Leute die eine Stellung ein Gewerbe ein
Handwerk eine Arbeit haben, schließlich die Tagelöhner, Leute die
nichts gelten und Lasten tragen und Schmutz wegräumen, dann die
Bürger, sie stellen schon etwas vor, meine Mutter sagt es, ich
ziehe ergeben meine Mütze, schwenke seiner Majestät Schiff, - - -