ziehen, ein schöneres Heim, das sie aber nie erreicht hatte
und das auf diesem Weg, auf den sie sich begeben hatte, blind-
lings, ununterrichtet, auch niemals zu finden gewesen wäre,
oder jedenfalls nicht vonihr, und so sah sie sich dann ihr
Leben lang als vom Unglück erwählte, vom Schicksal geschlagene,
schließlich arme alte Frau, der das Unglück am Bett saß, eine
andere arme alte Frau, fast ihr Spiegelbild, und sie vererbte
diese Überzeugung von Unglück und Geschlagensein, von Hiobs-
Leiden, wieder einen Ausdruck den sie aus der Predigt übernommen
hatte weil er so schön und voll nach Unglück klang, vererbte dies
an sie, die Tochter, die nun ihren Sohn atmen hörte hinter der
Tür, und nahm dies für ein Zeichen, daß das vererbte und aufge-
nommene Unglück bestätigte und ihm das letzte endgültige Siegel
der Ausstoßung aus der Gesellschaft und aller Anständigen auf-
drückte. Und du sahst auch nicht die bloße geschlossene Tür,
das braun angestrichene Holz, die schwarze gußeiserne Klinke,
zu der du die Hand nicht zu heben wagtest, auch du sahst den
Sarg der hinausgetragen wurde, das Gesicht deiner Großmutter
wie es über deine Wiege oder dem alten Korb oder die Kiste in
der du gelegen gebeugt war, aufgegangen war, ob, oft für Stunden,
für ewig, ein kleiner bleicher Mond mit Mondkrater, Mondseen,
Mondschatten, Mondlicht von der Lampe oder vom Fenster, sehr
deutlich, sehr klar, wie auf einer Mondkarte, lange bevor du
den großen Mond am Himmel erblickt hattest, ernst, verhärmt,
freundlich auch, aber auf eine verhärmte Weise freundlich,
manchmal mit Mordgedanken und dann in Tränen gebadet, dir die
Schuld gebend, du spürtest es, du schriest nicht, du blicktest
ernst, du wehrtest dich nicht, aber du gabst auch nicht nach,
ihr verstandet euch. Und der Mond sprach zu dir und du ant-
wortetest. Keine Worte.
und das auf diesem Weg, auf den sie sich begeben hatte, blind-
lings, ununterrichtet, auch niemals zu finden gewesen wäre,
oder jedenfalls nicht vonihr, und so sah sie sich dann ihr
Leben lang als vom Unglück erwählte, vom Schicksal geschlagene,
schließlich arme alte Frau, der das Unglück am Bett saß, eine
andere arme alte Frau, fast ihr Spiegelbild, und sie vererbte
diese Überzeugung von Unglück und Geschlagensein, von Hiobs-
Leiden, wieder einen Ausdruck den sie aus der Predigt übernommen
hatte weil er so schön und voll nach Unglück klang, vererbte dies
an sie, die Tochter, die nun ihren Sohn atmen hörte hinter der
Tür, und nahm dies für ein Zeichen, daß das vererbte und aufge-
nommene Unglück bestätigte und ihm das letzte endgültige Siegel
der Ausstoßung aus der Gesellschaft und aller Anständigen auf-
drückte. Und du sahst auch nicht die bloße geschlossene Tür,
das braun angestrichene Holz, die schwarze gußeiserne Klinke,
zu der du die Hand nicht zu heben wagtest, auch du sahst den
Sarg der hinausgetragen wurde, das Gesicht deiner Großmutter
wie es über deine Wiege oder dem alten Korb oder die Kiste in
der du gelegen gebeugt war, aufgegangen war, ob, oft für Stunden,
für ewig, ein kleiner bleicher Mond mit Mondkrater, Mondseen,
Mondschatten, Mondlicht von der Lampe oder vom Fenster, sehr
deutlich, sehr klar, wie auf einer Mondkarte, lange bevor du
den großen Mond am Himmel erblickt hattest, ernst, verhärmt,
freundlich auch, aber auf eine verhärmte Weise freundlich,
manchmal mit Mordgedanken und dann in Tränen gebadet, dir die
Schuld gebend, du spürtest es, du schriest nicht, du blicktest
ernst, du wehrtest dich nicht, aber du gabst auch nicht nach,
ihr verstandet euch. Und der Mond sprach zu dir und du ant-
wortetest. Keine Worte.