MID355-M020-044
Wolfgang Koeppen: „Eine Jugend“, Regie: Dr. Reinhard Wittmann, Abspieldauer (1): 28'30; Archivnummer BR: HF/27108 – Abspieldauer (2): 27'15; Archivnummer BR: HF/27108 (1976), Bayerischer Rundfunk 1976.
IS - 4 -
Das Seitengewehr wird aufgepflanzt, in der Kaserne auf dem
Exerzierplatz lernt der Militäranwärter bajonettieren, ein Sack
gilt für den Leib, ein rechter Mann kämpft am liebsten Mann gegen
Mann für Kaiser und Vaterland. Manchmal träumt der Polizist, er
ist der Sack. Sonst hat alles seine Ordnung. Die Gaslaterne,
schwarzes Schmiedeeisen düsterer Rabe, wie ein Galgen an das Haus
geschraubt. Die alte Straßenpumpe aus morschem Holz ist nicht
gestohlen, der Spülstein nicht beschmutzt. Kein Unfug im Revier.
Des Königs Bürger, des Kaisers Untertanen, des Schusters Kugel
zugedeckt, der Tisch des Schneiders hosenbodenblank. In Schütters
Grünkramkeller keimen die Kartoffeln, umschlingen mit bleichen
Armen in dunkler Begierde die Wruken.
Unter der Stube des Herrn Bürgerschullehrers geisterts verdächtig,
und verbissener klammert er sich an seine Vorstellung vom ernsten
Leben, und auszurotten ist das sündige Kindsein mit Rohrstock mit
Stumpf und mit Stiel. Frau Kapitän verwitwet in dicken Federbetten
wie unter hohen Wogen begraben. Wo mag der Kapitän geblieben sein?
Ach, im Silberrahmen auf der Kommode gegen ein Schnörkelsäulchen
gestützt, die Hand die das Ruder führte auf ein Häkeldeckchen
gelegt, chinesische Taifune, gelbe feuerspeiende Drachen sind
freundlich hinzuzudenken. Auch der Küster von Sankt Nikolai ist
ein sehr ernster Mann, schwarzer Gehrock, schwarze Krawatte,
schwarzer Seelenhirtenhut. Ist noch sein Taschentuch schwarz,
winkt er schwarz gegen den Himmel? Antwortet dem schwarzen Mann
sein schwarzer Himmel? Der Küster blickt zum hohen Turm hinauf.
Von der See kommt das Wetter. Der Blitz des Herrgotts trifft jeden
der vermessen sein Haupt hebt.
Das Seitengewehr wird aufgepflanzt, in der Kaserne auf dem
Exerzierplatz lernt der Militäranwärter bajonettieren, ein Sack
gilt für den Leib, ein rechter Mann kämpft am liebsten Mann gegen
Mann für Kaiser und Vaterland. Manchmal träumt der Polizist, er
ist der Sack. Sonst hat alles seine Ordnung. Die Gaslaterne,
schwarzes Schmiedeeisen düsterer Rabe, wie ein Galgen an das Haus
geschraubt. Die alte Straßenpumpe aus morschem Holz ist nicht
gestohlen, der Spülstein nicht beschmutzt. Kein Unfug im Revier.
Des Königs Bürger, des Kaisers Untertanen, des Schusters Kugel
zugedeckt, der Tisch des Schneiders hosenbodenblank. In Schütters
Grünkramkeller keimen die Kartoffeln, umschlingen mit bleichen
Armen in dunkler Begierde die Wruken.
Unter der Stube des Herrn Bürgerschullehrers geisterts verdächtig,
und verbissener klammert er sich an seine Vorstellung vom ernsten
Leben, und auszurotten ist das sündige Kindsein mit Rohrstock mit
Stumpf und mit Stiel. Frau Kapitän verwitwet in dicken Federbetten
wie unter hohen Wogen begraben. Wo mag der Kapitän geblieben sein?
Ach, im Silberrahmen auf der Kommode gegen ein Schnörkelsäulchen
gestützt, die Hand die das Ruder führte auf ein Häkeldeckchen
gelegt, chinesische Taifune, gelbe feuerspeiende Drachen sind
freundlich hinzuzudenken. Auch der Küster von Sankt Nikolai ist
ein sehr ernster Mann, schwarzer Gehrock, schwarze Krawatte,
schwarzer Seelenhirtenhut. Ist noch sein Taschentuch schwarz,
winkt er schwarz gegen den Himmel? Antwortet dem schwarzen Mann
sein schwarzer Himmel? Der Küster blickt zum hohen Turm hinauf.
Von der See kommt das Wetter. Der Blitz des Herrgotts trifft jeden
der vermessen sein Haupt hebt.