5
w ie ich sie wahrgenommen hatte mit Säuglingssinnen, ein
trübes verfaltetes Gesicht mit dem nun schon gewollten
und derstarrten Ausdruck der Kümmernis, als gäbe es nichts
auf der Erde als ihrem Gram, und dabei glaubte sie, die
Welt doch von Gott erschaffen, so erblickte ich sie über
meine Wiege gebeugt, anklagend, mordenwollend und gütig,
weinend der Verzweiflung voll, denn meine Geburt war wie
ein letztes und eddgültiges Sinnbild Siegel auf der Sippe Unter-
gang gepreßt, auf den Verlust der Wohlanständigkeit, auf
die Hingabe von Land und Besitz, Ansehen und meine Mutter sah
wie ins Paradies durch die Einfahrt verbröckelnden Staubes
durchfurcht von der Ackerpferde müdem Huf, von der eisen-
bereiften knarrenden Räder Erntewagen Rollen, vertrieben, vertrieben
aus eingebildeter Sicherheit und vermessenem bilndem Stolz, doch
ich fand nicht mehr den Garten Eden, nichts zog mich an,
und auf dem Rückweg gegen Abend, Mücken hielten summend
Ball über den verworfenen Tümpeln salziger Nässe, hörte
die Mutter es im pestigen Gras rascheln, die Schlangen
kommen, erschrank sie. dann die tückischen Ottern des Rosentals,
sie eilte fort, der Himmerl finsterte über der Abdeckerei,
dem verrufenen alten Galgenplatz, und Blitz und Donner drohten
der Stadt, zogen gegen die berühmte Silhouette des romantischen
Malers, wo waren die spielenden Fohlen auf der Weide, wo
die einsamen Männer, die traurig verzückt den Mond betrachten, coch
die Türme von Sankt Nicolai, von Sankt Jacobi und Sankt
Marien wuchteten schwer, Jacob und Marien, zwei rotschwar-
ze Wehre, Sankt Nicolai, ein dummdreister vermessener Pfeil gegen die das
Wolken, Wetter Gewitter und unter ihnen lagen gecrückt die leeren Schiffe,
gebetlosen Hallen hinter verschlossenen Türen, die unge-
schmückten protestantischen Altäre, die Kanzeln schul -
meisterlicher Prediger,
w ie ich sie wahrgenommen hatte mit Säuglingssinnen, ein
trübes verfaltetes Gesicht mit dem nun schon gewollten
und derstarrten Ausdruck der Kümmernis, als gäbe es nichts
auf der Erde als ihrem Gram, und dabei glaubte sie, die
Welt doch von Gott erschaffen, so erblickte ich sie über
meine Wiege gebeugt, anklagend, mordenwollend und gütig,
weinend der Verzweiflung voll, denn meine Geburt war wie
ein letztes und eddgültiges Sinnbild Siegel auf der Sippe Unter-
gang gepreßt, auf den Verlust der Wohlanständigkeit, auf
die Hingabe von Land und Besitz, Ansehen und meine Mutter sah
wie ins Paradies durch die Einfahrt verbröckelnden Staubes
durchfurcht von der Ackerpferde müdem Huf, von der eisen-
bereiften knarrenden Räder Erntewagen Rollen, vertrieben, vertrieben
aus eingebildeter Sicherheit und vermessenem bilndem Stolz, doch
ich fand nicht mehr den Garten Eden, nichts zog mich an,
und auf dem Rückweg gegen Abend, Mücken hielten summend
Ball über den verworfenen Tümpeln salziger Nässe, hörte
die Mutter es im pestigen Gras rascheln, die Schlangen
kommen, erschrank sie. dann die tückischen Ottern des Rosentals,
sie eilte fort, der Himmerl finsterte über der Abdeckerei,
dem verrufenen alten Galgenplatz, und Blitz und Donner drohten
der Stadt, zogen gegen die berühmte Silhouette des romantischen
Malers, wo waren die spielenden Fohlen auf der Weide, wo
die einsamen Männer, die traurig verzückt den Mond betrachten, coch
die Türme von Sankt Nicolai, von Sankt Jacobi und Sankt
Marien wuchteten schwer, Jacob und Marien, zwei rotschwar-
ze Wehre, Sankt Nicolai, ein dummdreister vermessener Pfeil gegen die das
Wolken, Wetter Gewitter und unter ihnen lagen gecrückt die leeren Schiffe,
gebetlosen Hallen hinter verschlossenen Türen, die unge-
schmückten protestantischen Altäre, die Kanzeln schul -
meisterlicher Prediger,
