Seine Mutter fürchtete die Schlange, und wenn sie an warmen
Sommertagen durch das Rosental gingen, die bei Sturmfluten
vom Meer überspülte Flur auf brackigem Grund, das Gut zu sehen,
Ephraemshagen mit seiner abweisenden gekalkten Mauer, dem
Säulenportal von dorisch-preussischer Strenge, der bröckelnden
traurigen Sandsteinheiterkeit der hier wie im Stundenglast/
des Sensenmannes sichtbar Verrieselnden Zeit. Und dahinter
die stolze alberne Herrschsucht des Herrenhauses, das alte
Sesindekönigtum, ein kahler Paradeplatz, eine Potsdamer Schloss-
auffahrt, eine Kasernenhoferinnerung, ein schwarzweisser
Fahrnenmast, ein Hahn auf dem Mist, leer aus langeweile, gähnten
die geöffneten Fenster im Mittagslicht, ein Hund schlich träg
über den Sand, eine Pflugschar rostete unter dem Walnussbaum,
und seine Mutter sprach, es gehörte uns, sprachs, als wolle
sie es ihm für ewig predigen, dass auvh er teilhabe an Verlust
und Leid, es sollte sein Erbe sein, denn obgleich seine Mut-
ter schon in der Stadt geboren war, in der Armut engen Kammer,
sprach sie vom Ephraemshagen mit der Bitterkeit, beraubt zu
sein, und er erkannte in ihrem kleinen, schon kranken Ge-
sicht der Grossmutter totenblasse Züge, sah im Speigel seiner
Mutter der Grossmutter Brautbild mit dem wie Spinnweb das
Haupt deckenden Schleier, von einem wandernden Pinsler ge-
tuscht, einem wie die Zigeuner verachteten Mann, der wohl auch
die Wände des Hauses mit Ornamenten geziert hatte, doch Zau-
ber war es, wie er das im Kommenden verborgene, die Lebensent-
täuschung, den Liebesverfall um das Brautlächeln, um das ge-
schmückte Haar der achtzehnjahrigen gelegt, und er, das Kind,
schaute zugleich der die Grossmutter wie er sie wahrgenommen hatte
mit Säuglingssinnen, ein trsuriges verfaltetes Gesicht mit dem
nun schon gewollten und erstarrten Ausdruck der Kümmernis,
als gäbe es nichts auf der Erde als ihren Gram, und dabei
glaubte sie doch, die Welt von Gott erschaffen, und so er-
blickte er sie über seine Wiege gebeugt, Anklage, Mord, Güte,
die Verzweiflung, denn seine Geburt war wie ein letztes und
entgültiges Segeln auf der Sippe Untergang gepresst, auf den
Verlust der Wohlanstandigkeit, auf die Hingabe von Land und
Ansehen, und seine Mutter blickte wie ins Paradies durch die
Einfahrt verbröckelnden Staubes, Durchfurcht von der Ackerpferde
Sommertagen durch das Rosental gingen, die bei Sturmfluten
vom Meer überspülte Flur auf brackigem Grund, das Gut zu sehen,
Ephraemshagen mit seiner abweisenden gekalkten Mauer, dem
Säulenportal von dorisch-preussischer Strenge, der bröckelnden
traurigen Sandsteinheiterkeit der hier wie im Stundenglast/
des Sensenmannes sichtbar Verrieselnden Zeit. Und dahinter
die stolze alberne Herrschsucht des Herrenhauses, das alte
Sesindekönigtum, ein kahler Paradeplatz, eine Potsdamer Schloss-
auffahrt, eine Kasernenhoferinnerung, ein schwarzweisser
Fahrnenmast, ein Hahn auf dem Mist, leer aus langeweile, gähnten
die geöffneten Fenster im Mittagslicht, ein Hund schlich träg
über den Sand, eine Pflugschar rostete unter dem Walnussbaum,
und seine Mutter sprach, es gehörte uns, sprachs, als wolle
sie es ihm für ewig predigen, dass auvh er teilhabe an Verlust
und Leid, es sollte sein Erbe sein, denn obgleich seine Mut-
ter schon in der Stadt geboren war, in der Armut engen Kammer,
sprach sie vom Ephraemshagen mit der Bitterkeit, beraubt zu
sein, und er erkannte in ihrem kleinen, schon kranken Ge-
sicht der Grossmutter totenblasse Züge, sah im Speigel seiner
Mutter der Grossmutter Brautbild mit dem wie Spinnweb das
Haupt deckenden Schleier, von einem wandernden Pinsler ge-
tuscht, einem wie die Zigeuner verachteten Mann, der wohl auch
die Wände des Hauses mit Ornamenten geziert hatte, doch Zau-
ber war es, wie er das im Kommenden verborgene, die Lebensent-
täuschung, den Liebesverfall um das Brautlächeln, um das ge-
schmückte Haar der achtzehnjahrigen gelegt, und er, das Kind,
schaute zugleich der die Grossmutter wie er sie wahrgenommen hatte
mit Säuglingssinnen, ein trsuriges verfaltetes Gesicht mit dem
nun schon gewollten und erstarrten Ausdruck der Kümmernis,
als gäbe es nichts auf der Erde als ihren Gram, und dabei
glaubte sie doch, die Welt von Gott erschaffen, und so er-
blickte er sie über seine Wiege gebeugt, Anklage, Mord, Güte,
die Verzweiflung, denn seine Geburt war wie ein letztes und
entgültiges Segeln auf der Sippe Untergang gepresst, auf den
Verlust der Wohlanstandigkeit, auf die Hingabe von Land und
Ansehen, und seine Mutter blickte wie ins Paradies durch die
Einfahrt verbröckelnden Staubes, Durchfurcht von der Ackerpferde
