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oder täuscht mich darin. Es ist, als betrachte man eine
alte Fotografie . Ich habe sie aufgenommen; vielleicht bin
ich auch aufgenommen worden. Es ist Mittag. Ein weisser flacher
Himmel. Kurze tiege Schatten. Meine oder ihre Augen von der
unsichtbaren Sonne gequält. Ich marterte sie oder mich. Oder
was wollte ich ? Ein Gesicht einwecken wie Obst für den
Winter, Fleisch für Notzeiten, und am Ende, nach Jahren,
der fade Geschmack der eisernen Ration, oder doch die Erd-
beeren von einst, der Geruch des Gartens, das Beet am Morgen
nach dem nächtlichen Gewitterregen, der Urwald kleiner
Pflanzen, grüne überlappende Blätter die rauhgraue Gewölbe
bildeten, in denen die Kröte sass, und ich, das Kind ein Riese,
beugte mich über diese Welt, ein Gott, der vertreiben konnte
oder gewähren lassen, doch das eingelegte Fleisch erinnert
besser nicht an das seinen demütigen Blick, das
staubtrockene Fell, dies ist die Hand, die streichelte, die
Hand, die den Bissen das Kottelett zum Munde führt, eine Schuld, vom
Naturrecht gebilligt, schliesslich schon nicht mehr orga-
nisch, ein Vorgang wie er in den Akten steht. Sie geht über
die kleine Brücke aus morschem Holz, will zum alten Wall,
es ist ihr letzter Spaziergang, sie kann es nicht wissen,
und auch ich nicht, und doch sind wir uns darüber klar, zum
letzten Mal ist sie von ihrem Bett aufgestanden, ein milder
Tag im Januar, wie er manchmal zwischen den Frösten kommt,
der Himmel ist reingefegt von allen Wolken und verkündet bebt
Unendlichkeitm und sie erwartet etwas von mir, eine Hilfe
zum Sterben, eine Sinngebung, ich weiss es, ihr Leben soll
einen Sinn bekommen, den sie verstehen kann, oder ich soll
ihr Leben rechtfertigen, so wie ich dastehe auf dieser Brücke,
oder täuscht mich darin. Es ist, als betrachte man eine
alte Fotografie . Ich habe sie aufgenommen; vielleicht bin
ich auch aufgenommen worden. Es ist Mittag. Ein weisser flacher
Himmel. Kurze tiege Schatten. Meine oder ihre Augen von der
unsichtbaren Sonne gequält. Ich marterte sie oder mich. Oder
was wollte ich ? Ein Gesicht einwecken wie Obst für den
Winter, Fleisch für Notzeiten, und am Ende, nach Jahren,
der fade Geschmack der eisernen Ration, oder doch die Erd-
beeren von einst, der Geruch des Gartens, das Beet am Morgen
nach dem nächtlichen Gewitterregen, der Urwald kleiner
Pflanzen, grüne überlappende Blätter die rauhgraue Gewölbe
bildeten, in denen die Kröte sass, und ich, das Kind ein Riese,
beugte mich über diese Welt, ein Gott, der vertreiben konnte
oder gewähren lassen, doch das eingelegte Fleisch erinnert
besser nicht an das seinen demütigen Blick, das
staubtrockene Fell, dies ist die Hand, die streichelte, die
Hand, die den Bissen das Kottelett zum Munde führt, eine Schuld, vom
Naturrecht gebilligt, schliesslich schon nicht mehr orga-
nisch, ein Vorgang wie er in den Akten steht. Sie geht über
die kleine Brücke aus morschem Holz, will zum alten Wall,
es ist ihr letzter Spaziergang, sie kann es nicht wissen,
und auch ich nicht, und doch sind wir uns darüber klar, zum
letzten Mal ist sie von ihrem Bett aufgestanden, ein milder
Tag im Januar, wie er manchmal zwischen den Frösten kommt,
der Himmel ist reingefegt von allen Wolken und verkündet bebt
Unendlichkeitm und sie erwartet etwas von mir, eine Hilfe
zum Sterben, eine Sinngebung, ich weiss es, ihr Leben soll
einen Sinn bekommen, den sie verstehen kann, oder ich soll
ihr Leben rechtfertigen, so wie ich dastehe auf dieser Brücke,