Meine Mutter fürchtete die Schlangen, und wenn wir an warmrn
Sommertagen durch das Rosental gingen, die bei Sturmfluten
vom Meer überspülte Flur aus brackigem Grund, das Gut zu
sehen, Beukenhof Ephraimshagen mit seiner abweisenden gekalkten Mauer,
dem Säulenportal von dorisch-preussischer Strenge, der
bröckelnden traurigen Sandsteinheiterkeit der hier wie
im Stundenglas des Sensenmannes sichtbar verrieselnden
Zeit und dahinter die stolze alberne Herrschsucht des
Herrenhauses, ein Hahn auf dem Mist, leer aus Langerweile
gähnten die geöffneten Fenster ins Mittagslicht, ein Hund
strich träg durch den Garten, eine Pflugschar rostete unter
dem Walnussbaum, und meine Mutter sprach "es gehörte uns",
sprach's, als wolle sie es mir für ewig predigen, dass auch
ich teilhabe an Leid und Verlust, es sollte mein Erbe sein,
denn obgleich sie schon in der Stadt geboren war, in der
Armut engen Kammer, sprach sie von Beukenhof Ephraimshagen mit der Bit-
terkeit, beraubt zu sein, und ich schaute durch ihr kleines
Gesicht der Grossmutter wachsbleiche Züge, erblickte der
Grossmutter Brautbild mit dem wie Spinnweb das Haupt
deckenden Schleier, von einem wandernden Pinsler getuscht,
einem verachteten Mann, der wohl auch die Wände des Hauses
mit Ornamenten gezierte, hatte doch Zauber war's wie er das im
Kommenden Verborgene, die Liebesenttäuschung, den Lebens-
verfall um das Brautlächeln und das geschmückte Haar der
Achtzehnjährigen legte, und ich sah die Grossmutter auch
wie ich sie erkannte hatte mit Säuglingssinnen, ein strenge
verfaltetes Gesicht mit dem nun schon gewollten und er-
startten Ausdruck der Kümmernis, als gäbe es nichts in
der Welt Erde als ihren Gram, und dabei glaubte sie diese Welt
doch von Gott erschaffen, über meine Wiege gebeugt, ankla-
genden ja mordenden Blickes, denn meine Geburt war wie ein letztes und
endgültigew Siegel auf der Sippe Untergang gepresst, auf
das Gesinde= Königtum, ein kahler Paradeplatz
Sommertagen durch das Rosental gingen, die bei Sturmfluten
vom Meer überspülte Flur aus brackigem Grund, das Gut zu
sehen, Beukenhof Ephraimshagen mit seiner abweisenden gekalkten Mauer,
dem Säulenportal von dorisch-preussischer Strenge, der
bröckelnden traurigen Sandsteinheiterkeit der hier wie
im Stundenglas des Sensenmannes sichtbar verrieselnden
Zeit und dahinter die stolze alberne Herrschsucht des
Herrenhauses, ein Hahn auf dem Mist, leer aus Langerweile
gähnten die geöffneten Fenster ins Mittagslicht, ein Hund
strich träg durch den Garten, eine Pflugschar rostete unter
dem Walnussbaum, und meine Mutter sprach "es gehörte uns",
sprach's, als wolle sie es mir für ewig predigen, dass auch
ich teilhabe an Leid und Verlust, es sollte mein Erbe sein,
denn obgleich sie schon in der Stadt geboren war, in der
Armut engen Kammer, sprach sie von Beukenhof Ephraimshagen mit der Bit-
terkeit, beraubt zu sein, und ich schaute durch ihr kleines
Gesicht der Grossmutter wachsbleiche Züge, erblickte der
Grossmutter Brautbild mit dem wie Spinnweb das Haupt
deckenden Schleier, von einem wandernden Pinsler getuscht,
einem verachteten Mann, der wohl auch die Wände des Hauses
mit Ornamenten gezierte, hatte doch Zauber war's wie er das im
Kommenden Verborgene, die Liebesenttäuschung, den Lebens-
verfall um das Brautlächeln und das geschmückte Haar der
Achtzehnjährigen legte, und ich sah die Grossmutter auch
wie ich sie erkannte hatte mit Säuglingssinnen, ein strenge
verfaltetes Gesicht mit dem nun schon gewollten und er-
startten Ausdruck der Kümmernis, als gäbe es nichts in
der Welt Erde als ihren Gram, und dabei glaubte sie diese Welt
doch von Gott erschaffen, über meine Wiege gebeugt, ankla-
genden ja mordenden Blickes, denn meine Geburt war wie ein letztes und
endgültigew Siegel auf der Sippe Untergang gepresst, auf
das Gesinde= Königtum, ein kahler Paradeplatz