Satzvorlage Seite 076

Satzvorlage für "Jugend" aus dem Siegfried Unseld Archiv (SUA) im Deutschen Literaturarchiv Marbach

Archivmappe
Satzvorlage
Absolute Datierung
-
Zuordnung
40
Kopie
nein
Durchschlag
nein
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kleidung als ernster Mensch in das Jugendlichen Verbotene
dunkle schwarzweisse Paradies zu gelangen. Jetzt jedoch war ich des Kinos
Gefangener, Herr Segebracht, der Besitzer der deutschen Licht-
spiele, hatte mich auf meine Bewerbung hin angenommen, den Besuchern
seines Theaters die Plätze an-zu-weisen, am Morgen den Saal aus- und für das Haus Besorgungen
zufegen und die Toiletten zu reinigen. zu erledigen. Niemand fragte mehr,
ob ich nun alt genug sei, hinter dem schwarzen Vorhang zu ver-
schwinden und den Schatten zu dienen. und ich brauchte mich nicht länger mit einer
Haltung gehenden Wäsche und alten abgetragenen Hüten zu kostümieren. Am
Abend eilte ich mit einer Taschenlampe, deren Batterie ich
nach Herrn Segebrachts strenger Weisung möglichst zu schonen
hatte, durch die dämmerigen Reihen, Ariadne gleich, die durch
das Labyrinth führte. Aber Theseus war tot, ich hatte ihn nie
vergessen, denn er hatte mich zum ersten Mal in die erregende
Welt der Schatten Zauberspiele mitgenommen, ich war sechs oder sieben
Jahre alt, der Krieg war ausgebrochen, und Theseus war ein unser -
blierter Herr, doch von geringem Ansehen gewesen, kein echter
Zimmergast, kein Student oder gar ein Dozent, er War noch nur
Verkäufer in Erdmanns Warenhaus, Substitut für Stoffe, wir
hatten ihn gesucht, und ich hatte ihn mit der Eele in der Hand,
die er wie die Corpsstudenten das Rapir hielt, zum Stoß gegen
einen unsichtbaren Feind bereit, vor dem Ladentisch stehen ge=
sehen, ein Held wie Siegfried einer war, aber keiner außer
mir hatte es bemerkt oder anerkannt, daß er ein Held war und
vor seiner Fahrt zum Minotaurus stand, und er Gegen Abend hatte er an einem
Abend leise an unsere Tür geklopft und gefragt, ob er mich mitnehmen
dürfe in die deutschen Lichtspiele, und meine Mutter hatte es
nicht erlauben können, wollen und ich hatte gebettelt und geweint und
geschrieen, denn die deutschen Lichtspiele schienen mir ein
Tempel zu sein, des lockendste in der Welt‚ der Schrein der