MID355-M007-017

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MID355-M007
Absolute Datierung
-
Zuordnung
Fragment 51 Notiz
Kopie
nein
Durchschlag
nein
Betrachtungen eines Premierenbesuchers des Stadtheaters.
Welche Erwartungen erfüllen ihn, welche Widerstände, wie ver-
hält er sich? Was tut er in der Kassenhalle? Er schnuppert
die Theaterluft. Das ist gar keine Frage. Nun zur Kasse. Er
fordert seine Karte. Er ist hochgemut und dabei ängstlich,
als könne er bei einem Diebstahl ertappt werden. Würde man ihm
die Karte verweigern, wäre er beleidigt. Es geschieht nicht,
dennoch erwartet er ständig die Zurückweisung. Wie verhält sich
das Kassenfräulein zu ihm? Was denkt sie über ihn? Also er hat
seine Karte. Er geht hinein. Er verachtet die anderen Theater-
besucher und setzt voraus, dass sie ihrerseits ihn verachten.
Er begrüsst die spielfreien Schauspieler, vermeidet aber dedes
Gespräch. Er amüsiert sich über die beiden Theaterkritiker, die
er für ausgesprochene Dummköpfe hält. Er hat einen Platz in der
Mitte des Parketts bekommen. Wenn es aber möglich ist, begibt
er sich in die hinterste Reihe. Die Aufführungen sind schlecht
und recht, und er ahnt es. Dennoch empfängt er etwas von der
Bühne. Professoren im Parkett und Professoren auch im Chor der
Wagneroper. In den Pausen schlendert er mit den anderen durch
die Wandelgänge, isst sich aber der Provokation bewusst. Er
hörte auch die Stimme der Suffleuse. Was tut er nach dem Theater?
Wartet er vor dem Bühnentor? Welches sind die Lockungen der Nacht?
Tritt er auch auf dem Theater auf und in welcher Weise? Wichtig
wäre der Aufenthalt in der Garderobe. Auch hier wieder die Por-
vokation. Ferner die Unschuld, die ihn auch noch bei den aus-
schweifensten Phantasien, wie ein Mantel umhüllt. Der misslun-